Abmahnung erhalten Was tun?
Anwalt für Arbeitsrecht in Rodgau

Abmahnung erhalten Was tun? Wie Sie sich erfolgreich zur Wehr setzen

Eine Abmahnung vom Arbeitgeber zu erhalten, trifft viele Arbeitnehmende völlig unvorbereitet. Oft platzt sie mitten in einen gewöhnlichen Arbeitstag: Plötzlich liegt ein Schreiben auf dem Schreibtisch oder im E-Mail-Postfach, in dem Ihnen ein Fehlverhalten vorgeworfen wird. Für viele bedeutet das Stress, Verunsicherung und Sorge um den Arbeitsplatz.
Nicht selten empfinden Beschäftigte die Abmahnung als ungerecht. Andere wissen zwar, dass ein Fehler passiert ist, verstehen aber nicht, welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen das hat und wie sie sich dagegen zur Wehr setzen können.
In diesem Beitrag gebe ich Ihnen einen klaren Leitfaden an die Hand: Sie erfahren, wie Sie nach einer Abmahnung rechtssicher Schritt für Schritt vorgehen können, wann eine Abmahnung unwirksam ist und wie Sie sich erfolgreich zur Wehr setzen.
Abmahnung erhalten was tun
Haben Sie offene Fragen zum Thema? Melden Sie sich gerne telefonisch bei uns unter:

1. Was ist eine Abmahnung und welche rechtlichen Folgen hat sie?

Eine Abmahnung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine formale Erklärung des Arbeitgebers, mit der er ein bestimmtes Verhalten rügt und für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen – insbesondere eine Kündigung – androht. Sie erfüllt dabei zwei zentrale Funktionen: die Rüge- oder Hinweisfunktion (der Arbeitgeber macht deutlich, welches Verhalten er beanstandet) und die Warnfunktion (es wird unmissverständlich klargestellt, dass beim nächsten Mal eine Kündigung droht).
Rechtlich gesehen signalisiert eine Abmahnung, dass das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmendem belastet ist. Verbleibt sie in der Personalakte, kann sie bei zukünftigen Streitigkeiten als Beweis dafür dienen, dass der Arbeitgeber vor einer Kündigung bereits gewarnt hat. Dies ist besonders relevant, da nach § 1 Abs. 2 KSchG eine verhaltensbedingte Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt ist, wenn der Arbeitgeber zuvor abgemahnt hat.

Rechtliche Abgrenzung: Abmahnung vs. Ermahnung

Während eine Ermahnung lediglich ein formloser Hinweis auf ein Fehlverhalten ist, entfaltet eine Abmahnung erhebliche rechtliche Wirkung. Sie wird meist schriftlich verfasst und in die Personalakte aufgenommen – rechtlich ist jedoch auch eine mündliche Abmahnung wirksam, wenn sie eindeutig als solche erkennbar ist. Ohne aktive Gegenmaßnahmen kann sie dort jahrelang bestehen bleiben und Ihre berufliche Entwicklung beeinflussen.

2. Sofortmaßnahmen: So verhalten Sie sich unmittelbar nach Erhalt einer Abmahnung

Nach dem ersten Schreck sollten Sie die Abmahnung sorgfältig lesen. Prüfen Sie insbesondere, ob der Vorwurf die rechtlichen Anforderungen an eine wirksame Abmahnung erfüllt: Werden Datum, Ort, Uhrzeit, beteiligte Personen und konkrete Handlungen so detailliert genannt, dass der Vorwurf objektiv nachprüfbar ist? Fehlt diese rechtlich gebotene Bestimmtheit, ist das ein wesentlicher Angriffspunkt.
Besonders wichtig: Sie sind nicht verpflichtet, die Abmahnung zu unterschreiben oder den Inhalt anzuerkennen. Vorsicht ist geboten, wenn der Arbeitgeber um „Bestätigung des Erhalts" bittet – prüfen Sie genau den Wortlaut, ob Sie damit möglicherweise auch die Vorwürfe als berechtigt anerkennen würden. Im Zweifel sollten Sie ausdrücklich formulieren:
"Hiermit bestätige ich lediglich den Erhalt des Schreibens, nicht jedoch dessen inhaltliche Richtigkeit.”

Beweissicherung als oberste Priorität

Falls Sie den Vorwurf bestreiten, sammeln Sie unverzüglich entlastende Beweise: E-Mail-Verkehr, Arbeitszeitaufzeichnungen, Dienstpläne, Gesprächsnotizen oder potenzielle Zeugenaussagen. Je zeitnäher Sie diese dokumentieren, desto glaubwürdiger sind sie später vor Gericht.

Strategisch kluge Zurückhaltung

Vermeiden Sie es unbedingt, spontan das Gespräch mit dem Arbeitgeber in emotionaler Aufgewühltheit zu suchen. Unüberlegt getätigte Äußerungen können später als Schuldeingeständnis gegen Sie verwendet werden und Ihre Rechtsposition erheblich schwächen.

3. Wann ist eine Abmahnung unwirksam?

Die Rechtsprechung stellt klare Anforderungen an die Wirksamkeit einer Abmahnung.
  • Zunächst muss der Bestimmtheitsgrundsatz erfüllt sein: Eine wirksame Abmahnung muss den beanstandeten Vorfall so genau beschreiben, dass er objektiv überprüfbar ist. Pauschale Formulierungen wie "wiederholte Unpünktlichkeit" oder "unkollegiales Verhalten" reichen nicht aus – es müssen konkrete Daten und Sachverhalte benannt werden.
  • Ein zweiter zentraler Prüfpunkt ist die materielle Berechtigung: Ist der Vorwurf sachlich falsch oder nicht beweisbar, kann die Abmahnung erfolgreich angegriffen werden. Die Beweislast trägt grundsätzlich der Arbeitgeber – er muss belastbare Belege für den erhobenen Vorwurf vorlegen können.
  • Drittens prüfen Gerichte die Verhältnismäßigkeit: Nicht jede Pflichtverletzung rechtfertigt eine Abmahnung. Geringfügige Verstöße – etwa ein einmaliges Vergessen einer Unterschrift ohne erkennbaren Schaden für den Betrieb – können unverhältnismäßig sein. Das gilt insbesondere dann, wenn es mildere Mittel wie eine mündliche Ermahnung gegeben hätte.

Aktuelles Praxisbeispiel aus der Rechtsprechung

Ein aufschlussreiches Urteil des LAG Baden-Württemberg verdeutlicht diese Grundsätze (LAG Baden‒Württemberg, Urteil vom 27.05.2024 9 Sa 9/24):
Sachverhalt: Eine Arbeitnehmerin erhielt zwei Abmahnungen und klagte auf deren Entfernung. Die erste erfolgte wegen der unerlaubten Zubereitung von Essen zur Mitnahme ohne Genehmigung. Die zweite beruhte darauf, dass sie gegenüber einer Drittperson wahrheitswidrig behauptet hatte, ihr Vorgesetzter habe sie bedroht und angeschrien. Rechtlich problematisch war, dass diese Person in der Abmahnung fälschlicherweise als "Schwiegermutter" bezeichnet wurde, obwohl eigentlich keine Ehe bestand.
Die gerichtliche Entscheidung: Das LAG wies die Klage vollständig ab. Beide Abmahnungen seien berechtigt gewesen – und das trotz kleinerer Ungenauigkeiten. Bei der ersten Abmahnung spielten nicht nur Eigentums-, sondern auch Hygiene- und betriebliche Verwertungsaspekte eine Rolle. Die ungenaue Bezeichnung bei der zweiten Abmahnung sei unerheblich, da es auf die Einflussmöglichkeiten der betreffenden Person ankam, nicht auf den exakten verwandtschaftlichen Status.
Die praktische Lehre: Kleinere terminologische Ungenauigkeiten führen nicht automatisch zur Unwirksamkeit, wenn der Kernvorwurf berechtigt und hinreichend bestimmt ist. Umgekehrt bedeutet das für Arbeitnehmer: Ist der zentrale Vorwurf faktisch unzutreffend oder unzureichend konkretisiert, stehen die Chancen sehr gut, die Abmahnung gerichtlich entfernen zu lassen.

4. Wie viele Abmahnungen führen zur Kündigung?

Das Gesetz schreibt keine Mindestanzahl an Abmahnungen vor einer Kündigung vor. Bei schwerwiegendem Fehlverhalten kann bereits eine einzige Abmahnung ausreichen, um im Wiederholungsfall zu kündigen.
Bei leichteren Pflichtverletzungen hingegen erwarten Gerichte oft mehrere Abmahnungen, bevor eine Kündigung wirksam ist. Hier spielt auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die bisherige Führung des Arbeitnehmers, das Ausmaß der Pflichtverletzung und deren Auswirkungen auf den Betrieb eine wesentliche Rolle.
Die weitverbreitete Annahme, es seien immer drei Abmahnungen nötig, ist falsch. Es kommt immer auf den Einzelfall an.

5. Fristen und Dringlichkeit warum schnelles Handeln entscheidend ist

Obwohl keine gesetzliche Frist für die Anfechtung einer Abmahnung existiert, ist zeitnahes Handeln von strategischer Bedeutung. Je länger eine Abmahnung unwidersprochen in der Personalakte verbleibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einer späteren Kündigung als berechtigt angesehen und entsprechend herangezogen wird.
Aus anwaltlicher Sicht sollten Sie innerhalb von zwei bis drei Wochen nach Erhalt professionelle Beratung einholen. So lassen sich Beweise noch in zeitlicher Nähe sichern und taktisch optimale Schritte einleiten. Zudem gilt: Ein schneller, professioneller Widerspruch signalisiert dem Arbeitgeber, dass Sie Ihre Rechte kennen und bereit sind, diese durchzusetzen.
Sie haben eine Abmahnung erhalten?
Lassen Sie den Vorwurf sofort von einem erfahrenen Rechtsanwalt prüfen.
Ich unterstütze Sie dabei, unberechtigte Abmahnungen aus Ihrer Personalakte zu entfernen und Ihre Rechte zu sichern – persönlich vor Ort in Rodgau, telefonisch oder per Videokonferenz.

6. Ihre rechtlichen Möglichkeiten: So wehren Sie sich gegen eine Abmahnung

Das Arbeitsrecht bietet Ihnen drei wesentliche Verteidigungsstrategien:
  • Gegendarstellung (§ 83 Abs. 2 BetrVG): Eine rechtlich fundierte Gegendarstellung ist eine schriftliche Erklärung, in der Sie Ihre Sicht detailliert und mit Beweisen gestützt darstellen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, sie zur Personalakte zu nehmen, sodass Ihre Perspektive dauerhaft dokumentiert ist. Dies ist besonders wichtig, wenn später eine Kündigung ausgesprochen wird – dann kann das Gericht beide Darstellungen bewerten.
  • Außergerichtliche Aufforderung zur Entfernung: Sie können den Arbeitgeber schriftlich und unter Fristsetzung auffordern, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Dabei sollten Sie präzise die rechtlichen Mängel benennen. Reagiert er nicht oder weist er die Aufforderung unbegründet zurück, eröffnet sich der Klageweg.
  • Klage beim Arbeitsgericht: Als ultima ratio prüft das Arbeitsgericht, ob die Abmahnung sowohl formal als auch inhaltlich wirksam ist. Das Verfahren ist für Arbeitnehmende in der ersten Instanz kostenfrei. Unwirksame Abmahnungen müssen aus der Akte entfernt werden – mit der Folge, dass sie bei späteren Kündigungen nicht mehr verwertbar sind.

7. Wie ich Ihnen helfen kann

Als spezialisierter Anwalt für Arbeitsrecht berate ich Arbeitnehmende aus Rodgau und Umgebung – auf Wunsch auch telefonisch oder per Videokonferenz. Ich prüfe zunächst sorgfältig, ob eine Abmahnung rechtlich haltbar ist, entwickle mit Ihnen eine maßgeschneiderte Verteidigungsstrategie und verhandle mit Ihrem Arbeitgeber. Mein Ziel ist es stets, die Abmahnung zu beseitigen und Ihre berufliche Position zu schützen. Die erste Einschätzung ist für Sie kostenlos. Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren!

8. Fazit

  • Eine Abmahnung ist ein rechtlich relevantes Warnsignal mit erheblichen Folgen für Ihr Arbeitsverhältnis
  • Viele Abmahnungen weisen juristische Mängel auf und sind erfolgreich angreifbar
  • Schnelles und strategisch durchdachtes Handeln sowie professionelle Beweissicherung erhöhen Ihre Erfolgschancen erheblich
  • Qualifizierte juristische Beratung ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Verteidigung Ihrer arbeitsrechtlichen Position

9. FAQ

Wie reagiere ich nach einer Abmahnung am Besten?
Prüfen Sie die Vorwürfe genau, sichern Sie Beweise und lassen Sie sich zeitnah anwaltlich beraten.
Kann ich eine Abmahnung ablehnen?
Ja, Sie müssen sie weder anerkennen noch unterschreiben und können stattdessen eine rechtlich fundierte Gegendarstellung verfassen.
Wann ist eine Abmahnung unwirksam?
Bei falschen Tatsachen, unzureichender Konkretisierung des Vorwurfs oder offensichtlicher Unverhältnismäßigkeit der arbeitsrechtlichen Maßnahme.
Wie lange bleibt eine Abmahnung in der Personalakte?
Oft mehrere Jahre – es sei denn, Sie erreichen die Entfernung.
Kann ich direkt nach einer Abmahnung gekündigt werden?
Grundsätzlich ja, wenn ein gleichartiger, schwerwiegender oder anderweitig kündigungsrelevanter Verstoß folgt – die Abmahnung dient dann als rechtliche Grundlage für die verhaltensbedingte Kündigung.
Bildquellennachweis: ollo | Canva.com

Über den Autor

Rechtsanwalt Christian Kemmerer ist seit seiner Zulassung 2020 in Rodgau tätig und spezialisiert auf Arbeitsrecht sowie allgemeines Zivilrecht. Er unterstützt Arbeitnehmer engagiert bei Kündigungsschutzklagen, Vertragsprüfung und –gestaltung sowie bei Konflikten wie Mobbing, Diskriminierung oder Problemen mit dem Betriebsrat .
Mandanten schätzen seine professionelle, empathische und effektive Vertretung – persönlich in der Kanzlei Philipp‑Reis‑Str. 17 in 63110 Rodgau, telefonisch oder digital. Seine praxisnahe Rechtsberatung zielt darauf ab, schnell eine faire Lösung zu erzielen, sei es vor Gericht oder in Verhandlungen .
Christian Kemmerer

Kontakt

Telefonische Erreichbarkeit:

Mo -Fr von 09:00 bis 17:00 Uhr
0155 / 66914390